Fake News!

Wie eine Schweizer Plattform der AfD in die Hände spielt
Von: Simon Huwiler

Jeden Tag Hetze: «Obama ein brutaler Massenmörder?», «Gehören Transsexuelle in die Psychiatrie?» oder «EU will bis zu 300 Millionen afrikanische Flüchtlinge holen». Artikel wie diese werden jeden Tag auf der «Schweizer Morgenpost» (Smopo) publiziert. Diese Onlinezeitung ist keine der üblichen Meinungsseiten am rechten Rand, wie sie sich zu Tausenden im Internet tummeln. Die Smopo ist eine gut geölte Manipulationsmaschine, entwickelt, um die westliche Gesellschaft zu stören und ihr ein rechts gerichtetes Weltbild aufzustülpen. Gesteuert aus einem Dorf auf der sankt-gallisch-appenzellischen Grenze.

Dasselbe Ziel verfolgen in der Schweiz mehrere Webseiten, wie der SonntagsBlick recherchiert hat. Doch keine macht das so geschickt wie die Smopo: Sie versteckt ihre Hetze hinter einem seriösen Gewand. Verschwörungstheorien und rechtsradikales Gedankengut zwischen leicht verdaulichen News über Stars und Sternchen.

Das funktioniert: Die Artikel der Smopo werden von Politikern geteilt, von Bürgern auf Facebook kommentiert und in Foren als vermeintlich seriöse Quelle zitiert. Besonders die deutsche Rechtsaussen-Partei Alternative für Deutschland (AfD) legitimiert ihre Politik immer wieder mit Artikeln der Smopo. Die Smopo wurde zum Westfernsehen der deutschen Rechten.

Einer der grössten Erfolge dieser Plattform: Sie hat den Uno-Migrationspakt auf das politische Parkett gebracht und damit eine rechts gerichtete Kampagne ausgelöst, wie sie Europa schon lange nicht mehr erlebt hat.

Wie funktioniert diese Manipulationsmaschine? Der SonntagsBlick hat die Seite über Monate beobachtet, automatisiert ausgelesen und kann nun ihre Strategie enttarnen.

Der Urheber

Das Hauptquartier der Smopo liegt in einem schmucklosen, beigen Wohnhaus in Schönengrund AR. Vor dem Haus donnert der Verkehr über die Hauptstrasse. Auf der gegenüberliegenden Strassenseite blinken die Benzinpreisanzeigen der Landi-Tankstelle. Vornehmlich Rentner bewohnen das dreigeschossige Haus. Ralph Boldini, Inhaber der Smopo, ist einer davon. Viel ist nicht bekannt über den in die Schweiz immigrierten Deutschen. Selbst im lokalen Restaurant oder auf der Gemeinde kennt man ihn nicht. Mit dem SonntagsBlick will Boldini nicht sprechen, die Tür knallt er zu. Das ist bekannt: aufgewachsen in Deutschland, in seinen 40ern einem Sparprogramm der Deutschen Post zum Opfer gefallen, seitdem zwangspensioniert. Der Liebe wegen ist er in die Schweiz gezogen, war verheiratet, ist geschieden und mehrfach in der Region umgezogen. Zwischenzeitlich versuchte er, mit verschiedenen Newsportalen im Onlinebereich Fuss zu fassen – meist erfolglos.
Unter dem Firmennamen BoMedia und «Boldini Netmarketing» veröffentlichte Boldini eine Reihe von Plattformen zu verschiedenen Themen. Zwissle.com sollte eine deutsche Twitteralternative werden. Eines der letzten Abenteuer: Annika.online imitierte ein Showbiz-Portal. Täglich wurde ein Artikel veröffentlicht. Wahrscheinlich sollten mit Werbung die anderen Portale finanziert werden. Das hat nicht funktioniert, am 8. Dezember 2018 wurde der Stecker gezogen.
Gesuenderleben.ch, linkedforth.com, wootch.ch, unispiegel.ch, newslines.ch, healthweek.ch, digatrend.ch und autowoche.ch, konnte der SonntagsBlick auf Boldini zurückführen. Davon existieren nur noch die «Schweizer Morgenpost» und das «Schweiz Magazin».
Elf Webseiten konnte der SonntagsBlick auf Boldini zurückführen.